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,,Erst die Vision, dann die Finanzierung"



Nachruf* auf Dombaumeister Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Deurer

 

Im Alter von 89 Jahren verstarb am 4. März mit Prof. Wolfgang Deurer eine Persönlichkeit, die das Jenaer Stadtbild fast zwei Jahrzehnte mitprägte; dies in zweierlei Hinsicht.

 

Einmal durch seine markante beeindruckende körperliche Größe, geziert mit einer Fliege und einem Folianten unter dem Arm als klassisches Attribut eines Architekten. Seine Bemerkung dazu: „Wenn man etwas erreichen will, muss man mit ausgereiften Vorstellungen um die Ecke kommen“. Zum anderen durch die Stadtkirche St. Michael, die wir heute in einem Guss restauriert erleben können, wie sie noch keine Generation vor uns gesehen hat. Schließlich zog sich die Bauzeit vom 14. bis 16. Jahrhundert über 200 Jahre hin, so dass bei Fertigstellung schon wieder Sanierungsbedarf bestand.

 

Sein Foliant, mit dem er bereits 1997, knapp ein Jahr nach seinem Start in Jena, um die Ecke kam, enthielt die Grundlagenermittlung, den Projektvorschlag und die Kostenschätzung für die Sanierung der Stadtkirche. Dieser sah drei perspektivische Bauabschnitte vor: den Turm, das Kirchenschiff mit Mansarddach und schließlich das Brautportal als Vollendung.

Dieser damals vielen als realitätsfern erscheinende Entwurf spiegelte seine große Erfahrung als Dombaumeister wider und entsprach seinem visionären Denken. Sein Kommentar gegenüber Zweiflern ob der Kühnheit des Plans: „Erst die Vision, dann die Finanzierung“.

Vor große Herausforderungen war Deurer schon in jungen Jahren gestellt, als er 1961, bedingt durch den plötzlichen Tod seines Vaters, die Dombauhütte am Willibrordi-Dom in Wesel übernehmen musste. Obwohl sein heimatlicher Dom, für den er 60 Jahre als Dombaumeister tätig war, somit ganz im Westen Deutschlands stand, fühlte er sich immer auch dem Osten verbunden. Die Stadt seiner Jugenderinnerungen war Danzig, wohin es ihn zeitlebens zog. Dort war er in zahlreichen Projekten tätig und schwärmte in vielen Gesprächen für diese Stadt. Im Jahre 2000 erhielt er die St. Adalbert-Medaille der Stadt Danzig. So lag für ihn Jena gar nicht so weit im Osten, und er fühlte sich sehr schnell wohl in unserer Stadt.

 

Die Sanierung der Stadtkirche sah er als großartige Herausforderung an und meinte, dass er nun die Chance habe, die in seinen Anfängen in Wesel gemachten Fehler zu vermeiden. Schmunzelnd fügte er hinzu: „Man macht zweifelsfrei dafür neue!“ Die größte Herausforderung für ihn bestand darin, die Renaissancehaube der Kirche zu rekonstruieren, für die es keine Bauzeichnungen, nur Fotos gab. Als im Mai 2000 der überdimensionale Kran die neue Haube nach oben zog, war das für ihn nicht nur ein erhabener Augenblick. Diese Momente waren auch von Angstschweiß begleitet, dass nicht etwa ein Kranfuß in eine Vertiefung einbrach und der Kran mit 50 Tonnen am Haken umfallen könnte. Viel Freude machte ihm die Wiedererrichtung des Mansarddaches. Er betrachtete es als grobe Bausünde, dass nach dem Krieg auf das barocke Gesims der Stadtkirche ein Satteldach aufgesetzt worden war. Und schließlich schloss sich mit der Fertigstellung des Brautportals der Bogen, den er 25 Jahre zuvor geschlagen hatte.

 

In Anerkennung seiner herausragenden Leistungen für unsere Kommune durfte er sich im Jahre 2004 in das Goldene Buch der Stadt Jena eintragen, und im Jahre 2010 verlieh ihm die Philosophischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität in Jena die Ehrendoktorwürde. Er bezeichnete diese Ehrenpromotion als die Krönung seines Schaffens. Seine Liebeserklärung an die Stadt Jena formulierte er wunderbar: „Wesel war mein Leben; Jena meine Sternstunde!“ Der Jenaer Kirchbauverein bedankt sich bei seinem Ehrenmitglied Professor Wolfgang Deurer für sein visionäres und von großartigem Erfolg gekröntes Wirken in unserer Stadt.

 

Jenaer Kirchbauverein e.V.

Franz von Falkenhausen und Gerhard Jahreis

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*) Auch erschienen in OTZ und TLZ

    



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